Mittwoch, 11. April 2007

Bischof Fürst eröffnet die Vortragsreihe "Lebenszeichen-Lebensentscheidung"


Zusammenfassung zum Vortrag im Haus am Dom,
Frankfurt, 29. März 2007

„Aufstehen für das Leben –
von seinem Anfang bis zum Ende“

Viele Menschen sehen sich gegenwärtig Herausforderungen, Dilemmata, Ratlosigkeiten ausgesetzt, die neue Erkenntnisse und Techniken der Lebenswissenschaften bedeuten. Wir alle sind gefordert, Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen. Verantwortung aber braucht Maßstäbe und Orientierung. Es ist von großer Bedeutung für die Zukunft, ob es uns gelingt, in verantwortungsbewusster Weise die Sorge für das Leben zu übernehmen und gestalten. Angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen in der Gentechnik, der Biomedizin und insgesamt in den Biotechnologien zeichnen sich tiefgreifende kulturelle und zivilisatorische Veränderungen ab. Nie wussten wir so viel, nie konnten wir so viel wie heute. Aber wollen wir alles wissen, was wir wissen können? Und sollen oder dürfen wir alles tun, was wir können?
Die Kirche versteht sich als Anwalt der Humanität und der Unverfügbarkeit des Menschen. Sie vertritt dabei keine binnentheologische Sondermoral, sondern sieht sich als Verbündeter des Grundgesetzes, wenn sie sagt: Menschenwürde ist nicht verdienbar, sie ist aber auch nicht verlierbar. Sie kann nicht von einer durch Dritte taxierbaren Leistungsfähigkeit, Glücksfähigkeit, Sozialverträglichkeit oder ähnlichem abhängig gemacht werden. Die Dimension des Unverfügbaren, die das Menschsein eigentlich ausmacht, droht heute zugunsten zweitrangiger Ziele aufgegeben zu werden. Zerbricht der Mensch nicht am Widerspruch, sich einerseits zum Gott über Leben und Tod von Menschen aufzublähen und andererseits zugleich so gering von sich zu denken, dass er menschliches Leben bloß noch als verwertbares Biomaterial betrachtet? Wer menschliches Leben unter den Zwang der Rechtfertigung seiner Existenz oder seiner Würde stellt, betritt eine schiefe Ebene, auf der es kein Halten mehr gibt. Dies gilt nicht nur am Beginn, sondern auch am Ende des Lebens eines Menschen. Dabei ist die Kirche nicht wissenschafts- oder forschungsfeindlich ist: Aber sie ist entschieden lebensfreundlich. Es gilt, Sensibilität, moralisch-ethische Kom­petenz fortzuentwickeln und durch Gestaltung des Prinzips Verantwortung eine regelrechte Kultur des Lebens zu entwickeln. Der christliche Glaube bewahrt uns vor Machbarkeits- und Erlösungsphantasien, die an wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Errungenschaften angehängt werden. Er kann uns so auch Orientierung bieten, wenn es um die Erkennung moralisch bedenklicher Ziele und fal­scher Mittel geht.